ja ich sitze hier und schreibe auf meinem Schiff im All
herzbetrunken auf hoher See
ja lass mich dir erzählen was für eine magische Nacht es war
ich habe Glühfischen in der weiten Ferne beim Schwimmen und dem Wetter beim Leuchten zugesehen
ich bin in Regenbogenlacken rumgehüpft und habe mit dem Wind getanzt
ich habe Revolutionspläne geschmiedet und Piratenlieder gesungen
bin von Korridor zu Korridor gelaufen und hab mir in meinem Kopf zusammengereimt welche Galaxiebewohner und Zauberwesen sich wohl hinter jeder Tür in ihren Kabinen verstecken und mit mir gemeinsam zum Planeten der Götter fahren
habe einen geschrumpften Riesen beim schlafen entdeckt und den Krakenkoch dabei erwischt wie er vom Salat der Crew heimlich nascht
ja hier sitze ich inzwischen schon längst wieder auf der Erde angekommen und fahre über das Ionische Meer, hab nur in der Nacht einen kleinen Zwischenstopp in den weiten Galaxien gemacht
ja bin quer durch das ganze Universum gereist
hab das ganze Schiff mit nackten Füßen erkundet
jeden neuen Blickwinkel
bin hinter die Mauern der Gesellschaft gesprungen
hab jede Sprachbarriere überwunden
hab so viele neue Freunde auf dieser Reise gefunden
hab mit winzigen Marsianern in der Kopfhörerdisco jeden Verstand aus dem Kopf getanzt
hab mit All-Truckern geplaudert
hab einen kleinen Blick in das Leben unzähliger Fremder werfen dürfen
ja sitz hier noch immer
Klamotten voller Weltraumglitzer (glaub mir das Zeug wird man nie wieder los!)
durchnässt von flüssigem Regenbogen
ja lass mich dir weiter von meinem Abenteuer erzählen
bin durch eine jede Jahreszeit gereist
es hat Sternschnuppen geschneit und Federn sind von den Bäumen gefallen
es hat von der Seite geregnet und Kugelblitze sind zerplatzt
ja bin durch Tag und Nacht gefahren, vorbei an einem Sternenmeer über den Zuckerwattewolken
hab Raumfahrthunde gestreichelt und mit Tiefseesalamandern gespielt
hab mich in meinem illegal aufgebauten Zelt (Campen an Bord ist strengstens verboten!)
schlafen gelegt und Träume geangelt
ja sitze hier und summe Seemannslieder vor mich hin
trinke noch ein Bier und vielleicht noch ein zweites
oder ein drittes
schwelge mit meinem Saufkumpanen in vergangenen Liebesromanzen
schreie in den Himmel hinauf wie verdammt geil das Leben ist
und fühl mich freier wie noch nie zuvor
ja sitze hier und will gar nie mehr aufstehen
viel zu schön hier
könnt für immer hier sitzen
sitze hier voller Wehmut und Trauer diesen Moment irgendwann wieder loslassen zu müssen
gleichzeitig so voller Neugierde was wohl das nächste Abenteuer sein mag
was für Schätze sich wohl auf den Götterinseln verbergen
Garten Eden und weiße Sandstrände
könnte mit Zeus Poker spielen und mit Medusa ins Casino gehen
ja und hier sitze ich und trinke ein viertes? Bier
will garnicht mehr schlafen gehen denn das Leben ist der beste Traum den es gibt
ja so eine ereignisreiche Nacht
hab all meine Sorgen und Ängste vom Deck eingesammelt und in einen schwarzen Müllsack gestopft
fuck yes alle rein damit
alle Regeln und Normen
mein verschleiertes Ich
alle irrsinnigen Vorstellungen wie das Leben zu sein hat
alle Glücksräuber
alle von Leidens erfüllten Momente
ja die sind da jetzt alle drinnen und ich schmeiß sie einfach über Bord
hinaus ins weite Universum wo ihnen niemand mehr Bedeutung schenkt
ja lass jede Last auf meinen Schultern vom Universum wegfegen
und lass einen riesigen Tornado auf die Welt los
trinke noch ein fünftes Bier
und dann noch eins
und ich trink und ich trink und ich trink und ich trink
ich trinke weiter
weiter bis zur kompletten Benommenheit
von all meinen Sinnen beraubt kotz ich mein blutiges Herz aus
lass es schwimmen in einem Teich voller Klorosen
ich schwanke durchs Kabinen Labyrinth im ewigen Kreislauf gefangen
löse mich einfach auf und fließe ins weite Universum hinaus
und hier sitz ich wieder in meiner kleinen narbenfrohen Klokabine und kotze meine Eingeweide aus
jede Vene
jede Ader
brech mir alle Knochen und reiß mir alle Nerven aus
schlitz jede Stelle meines Körpers auf bis mein Herzblut bis in jedes Eck dieses Schiffes spritzt
ja lass eine tiefrote gewaltige Tsunami auf die Menschheit los
schwemm alle Lügen weg und lass ein neues Zeitalter des Bewusstseins zurück
und hier sitze ich gestrandet neben einem stillgestandenen Meer und versuche voller Leid und Leidenschaft meinen letzten Joint mit dem Feuerspucker anzuzünden
lass Funken springen wie meine Gehirnsynapsen
bändige Zeit und Raum
und ja hier sitze ich und schreibe euch eine Gebrauchsanleitung so viel Meer zu sein